Corriere della Sera - 17. März 1996

Alarm der obersten Gesundheitbehörde

das gefährliche Metall in der Milch, im Käse und im Trinkwasser

Der Katalysator verschmutzt die Umwelt mit Platin

Platin angeklagt: das Edelmetall tritt aus den Katalysatoren aus (die eingeführt wurden, um unsere Gesundheit zu schützen) und steht im Verdacht, krebsgefährdend zu sein.

Der Alarm wurde vom obersten Gesundheitsamt gegeben, das im Viehfutter, in der Milch, im Käse und im Wasser der Viehtränken einiger der acht vom Amt überwachten Viehzuchthöfe das Vorhandensein dieses Metalls festgestellt hat, das von den Katalysatoren ausgestoßen wird und das bisher noch nie in bedeutenden Mengen in diesem Lande gefunden wurde. Das Platin, das in den Katalysatoren enthalten ist, trägt dazu bei, die Emission von Kohlenwasserstoffen, Stickstoffoxyden und Kohlenoxyden zu vermindern.

Die Temperaturunterschiede beim Anlassen und Abstellen des Motors sollen jedoch mikroskopische Brüche im Katalysatormaterial verursachen und so den Austritt des Platinstaubs in die Atmosphäre ermöglichen. Dieser Staub soll sich in Platinsalze verwandeln, die eine mutagene Wirkung haben, das heißt, sie verändern die Zellen unseres Körpers. In der Folge könnte dies zu Tumorbildung führen. Das Gesundheitsamt wünscht nun, so bald wie möglich epidemiologische Studien zu veranlassen, um die wirkliche Gefahr für die Bevölkerung beurteilen zu können.

Daß das Platin ein krebserregendes Metall sei, ist eine vor relativ kurzer Zeit erst aufgetauchte Vermutung und wird zur Zeit von der internationalen Wissenschaft untersucht. Offiziell wird das Platin von der Internationalen Gesellschaft für Krebsforschung noch als Reizstoff betrachtet, der bei Menschen Hautausschläge, Juckreiz und Atembeschwerden auslöst.

"Seit etwa zehn Jahren jedoch - erklärt Sergio Caroli, Leiter der Abteilung für klinische Analytik des Labors für angewandte Toxikologie im obersten Gesundheitsamt - wird Platin in der Krebstherapie angewendet, wo häufige Gaben von platinhaltigen Medikamenten für kurze Zeitpannen die Regel sind. Es ist in der Tat eine zerstörende Wirkung des Platins gegen die Krebszellen beobachtet worden. Die Wirkung ist jedoch indifferenziert; so kann es zum Beispiel gesunde Zellen genauso zerstören wie kranke. Auf internationaler Ebene ist von einigen Forschungsarbeiten unterstrichen worden, daß das Personal, welches mit platinhaltigen Pharmazeutika tätig ist, eine im Verhältnis zur Norm zehnmal höhere Häufigkeit von mutagenen Phänomenen aufweist."

Das Platin wird jedoch nicht nur zu medizinischen Zwecken genützt. Es sind in Europa 50 Millionen Autos mit Katalysatoren auf den Straßen. In dieses speziellen Auspufftöpfen ist das Platin, zusammen mit Rhodium und Palladium auf einen Keramikträger aufgebracht, der dazu beiträgt, die umweltverschmutzenden Wirkungen der schädlichen Auspuffgase zu mindern. Im Jahre 1991 hat die Weltgesundheitsorganisation den Standpunkt vertreten, daß der Platinausstoß der Katalysatoren höchstwahrscheinlich keine gesundheitsschädlichen Wirkungen haben werde. Es wurde jedoch auf alle Fälle eine Beobachtung angeraten.

"Nachdem wir die Ergebnisse von einigen Forschungsarbeiten aus Ländern wie Deutschland, den USA und Japan gelesen haben, wo die Kat-Autos schon länger als bei uns im Verkehr sind, haben wir begonnen, uns Fragen zu stellen über die Zusammenhänge von Platin, Katalysatoren und Auswirkungen auf den Menschen. Dies hat dazu geführt, eigene Pilotstudien in unserem Lande in Betracht zu ziehen", sagt Caroli.

In einer Studie, welche die Universität Erlangen in Zusammenarbeit mit der Universität Dortmund in Nürnberg durchführte, stellte man fest, daß der Platinspiegel im Urin und im Blut der Arbeiter, die in der Entsorgung der Katalysatoren tätig waren, zweihundertmal so hoch war, wie der von Kontrollpersonen, die nicht mit dem Metall in Kontakt waren. "Das oberste Gesundheitsamt hat deshalb das Platin unter die 'Risikosubstanzen' eingereiht, die unter Kontrolle zu halten sind," fügt Caroli hinzu, "und so hat man in einigen der acht Viehzuchthöfe, die über das ganze Land verstreut sind, im Laufe von Kontrollen im Jahre 1994 Platin im Tränkewasser, im Viehfutter und im Käse festgestellt. Die Mengen sind noch sehr klein, aber bevor der Einführung der Katalysatoren hat man diese noch nie gefunden.

Nun ist auch die Europäische Union auf die Sache aufmerksam geworden. Die Direktion für Agrarfragen der europäischen Kommission erwägt jetzt die Möglichkeit, das Platin in die Liste der Substanzen aufzunehmen, deren Präsenz im Fleisch und in der Atmosphäre von den vier Hauptlaboratorien, welche sich in Holland, in Deutschland in Frankreich und in Italien befinden, beständig zu überwachen sei. Das oberste Gesundheitsamt beabsichtigt außerdem, in Latio eine Reihe von Untersuchungen an tausend dem Stadtverkehr ausgesetzten Personen durchzuführen.

Übersetzung:
Josef Hasslberger, Rom